Dynamikbereich und Komprimierung
Als Dynamikbereich bezeichnet man die Differenz zwischen dem leisesten und dem
lautesten Ton in einem Mix. Ein Mix, der sowohl leises Flüstern als auch laute Schreie
enthält, verfügt über einen großen Dynamikbereich. Aufnahmen mit dem konstanten
Summen einer Klimaanlage oder gleichmäßigem Verkehrslärm weisen nur geringe
Amplitudenvariationen auf und verfügen somit über einen kleinen Dynamikbereich.
Sie können den Dynamikbereich eines Audioclips optisch darstellen, indem Sie seine
Waveform (Oszillogramm, Wellenform) anzeigen. In der folgenden Abbildung sehen Sie
zwei Waveforms. Die obere Waveform gehört zu einem Ausschnitt aus einem klassi-
schen Musikstück. Die untere gehört zu einem elektronischen Musikstück. Schon die
deutlich komprimiertere Form der Waveform macht deutlich, dass das klassische Stück
einen größeren Dynamikbereich aufweist.
Beachten Sie, dass beim klassischen Stück im Vergleich zu den relativ konstanten
Pegeln der elektronischen Musik, laute und leise Teile häufiger wechseln. Bei dem lang-
gezogenen Teil am Anfang der oberen Waveform handelt es sich nicht um Stille, son-
dern um einen langen, sehr leisen Abschnitt der Musik.
Dynamische Klänge weisen enorme Lautstärkeschwankungen auf. Die Dynamik eines
Klangs kann durch eine Reduzierung bzw. Komprimierung der lautesten Teile des
Signals verringert werden, da der Unterschied zu den leisen Teilen dann nicht mehr so
gravierend ist. Die Komprimierung ist eine nützliche Technik, da sie die Klänge in Ihrem
Mix aneinander angleicht. Klänge wie ein Zug, der in den Bahnhof einfährt, eine spre-
chende Person oder das Grillenzirpen an einem ruhigen Abend haben absolut gese-
hen sehr unterschiedliche Lautstärken. Da in der Praxis beim Fernsehen und im Kino
zahlreiche Umgebungsgeräusche vorhanden sind, muss darauf geachtet werden, dass
die leisen Klänge nicht verloren gehen.
Waveform aus einem
klassischen Stück
Waveform des Auszugs aus einem
elektronischen Musikstück
Kapitel 1
Audiogrundlagen
29
I
Ziel ist es, die leisen Klänge (in unserem Beispiel das Zirpen der Grillen) lauter zu machen,
damit sie sich gegen die Nebengeräusche der Hörumgebung behaupten können. Ein
Ansatz könnte darin bestehen, den Pegel der gesamten Tonspur zu erhöhen. In diesem
Fall würden jedoch nicht nur die leisen Klänge lauter, sondern auch die lauten Klänge
(beispielsweise der einfahrende Zug), sodass es schließlich zu einer Verzerrung kommt.
Anstatt die Lautstärke Ihres Mix insgesamt zu erhöhen, können Sie jedoch auch die lau-
ten Klänge komprimieren, sodass Ihr Lautstärkepegel den leisen Tönen näher kommt.
Sobald die lauten Klänge leiser sind (während die leisen Klänge auf demselben Lautstär-
keniveau bleiben), können Sie die Gesamtlautstärke des Mix erhöhen, sodass die leisen
Klänge deutlicher zu hören sind, ohne dass die lauten Klänge verzerrt klingen.
Wird die Komprimierung gezielt eingesetzt, können durch eine Erhöhung der Gesamt-
lautstärke Ihres Mix Nebengeräusche in der Hörumgebung kompensiert werden. Wenn
Sie ein Signal jedoch zu stark komprimieren, klingt es sehr unnatürlich. Wird beispiels-
weise der Klang eines Flugzeugmotors auf die Lautstärke der Abendstimmung auf einer
ruhigen Waldlichtung reduziert und stellt man anschließend die Gesamtlautstärke auf
den Maximalwert ein, würden die Geräusche im Wald extrem verstärkt werden.
Unterschiedliche Medien und Genres verwenden unterschiedliche Komprimierungsstu-
fen. Radio- und TV-Werbespots setzen die Komprimierung ein, um eine gleichmäßige
„Klangwand“ zu erzeugen. Würde der Spot im Radio oder Fernsehen an einigen Stellen
zu leise, bestünde die Gefahr, dass die Zuschauer den Kanal wechselten. Dieses Risiko
wollen Werber und Sendeanstalten nicht eingehen. Kinofilme haben in der Regel einen
etwas größeren Dynamikbereich, da die Nebengeräusche in einem Kino geringer sind
und die leisen Töne auch leise bleiben können.